Autor: Peter Fellner
Vor einem M&A[1] werden (hoffentlich) umfangreiche strategische Überlegungen und eine durchgehende Due Diligence[2] zur Einschätzung der wirtschaftlichen, rechtlichen, technischen und personellen Situation des Übernahmekandidaten durchgeführt. Oft wird vergessen, dass bei Zusammenschlüssen oder Übernahmen zwei unterschiedliche Unternehmenskulturen in ein Boot gezerrt werden, um von nun an gemeinsame Ziele anzupeilen.
Wer schon mal einen Segelturn mit einem nicht eingespielten Team erlebt hat, kann nachvollziehen, dass es dabei leicht zu Konflikten und Missverständnissen kommt.
Die Art, wie Entscheidungen in den Unternehmen zustande kommen und wie Führung verstanden wird, wie Budgets entstehen und wie Budgetverantwortung wahrgenommen wird, durch welche Muster Hierarchien und soziale Positionen ausgedrückt werden u.v.m. kennzeichnen die jeweiligen unternehmenseigenen Kulturen. Deren Nichtbeachtung führt dann zu hohen Folgeschäden:
– von besonders augenfälligen, personellen Verlusten (die Besten gehen zuerst)
– über langfristigen Motivationsverlust
– bis zu den Kosten endloser Auseinandersetzungen im Kampf ums Durchsetzen der eigenen Produkte, Verfahren, Methoden und Teammitglieder.
Empfehlenswert ist daher, auch eine `Cultural Due Diligence´ in einem möglichst frühen Stadium durchzuführen, um Unterschiede aufzuzeigen und bei der Integration zu berücksichtigen. Je nach strategischer Zielsetzung kann es dann durchaus unterschiedliche Vorgangsweisen geben:
– eine gewünschte Integration der besten Kulturelemente beider Parteien
– die völlige Übernahme einer dominanten Kultur
– oder auch das Nicht- Integrieren der dann relativ unabhängig agierenden Unternehmen.
Ein professionell begleiteter Prozess ermöglicht, die Folgekosten langwieriger Kulturkämpfe zu senken oder ganz zu vermeiden.
Die von Fusionen und Übernahmen Betroffenen sind so sehr bald, auch übergreifend, miteinander arbeitsfähig: Eine Cultural Due Diligence zeigt kulturelle Unterschiede auf:
– Ein Integrationsteam mit anerkannten Mitarbeitern und mit direktem Zugang zur Leitung wird nominiert.
– Der Zukunftsgestaltungsprozess klärt die Rolle des neuen Unternehmens im Markt.
– Eine zeitgerechte und authentische Kommunikation verdeutlicht Vision, Ziele und Strategien des Zusammenschlusses und informiert Betroffene über den Stand der Integrationsprozesse.
– Tabuthemen
– und individuelle/organisatorische Ängste und Widerstände werden bearbeitet (was bedeutet der Zusammenschluss für mich, für Kunden und für weitere Stakeholder?)
– und tradierte Muster gewürdigt und gegebenenfalls verabschiedet.
– Quick wins des neuen Zusammenarbeitens werden gefeiert.
Bei rauer See und böigem Wind ist jedenfalls der Kapitän, ev. unter Zuhilfenahme eines externen Navigators, gefordert, die neu zusammengewürfelte Mannschaft auf gemeinsame Ziele so einzuschwören, sodass deren Erreichung wichtiger wird als die Austragung tödlicher Kulturkämpfe auf und unter Deck.
[1] M&A:
(Mergers and Acquisitions, zu deutsch: Fusion von Unternehmen und Erwerb von Unternehmen bzw. Unternehmensanteilen (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/mergers-acquisitions.html)
[2] Due Diligence:
sorgfältige Prüfung und Analyse eines Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf seine wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse, die durch einen potenziellen Käufer eines Unternehmens vorgenommen wird. (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/due-diligence.html)